15.11.2012

Porträt Deutschlandfunk: Mit Bärbel Höhn unterwegs

Besuche, Vorträge, Podiumsdiskussionen, Gespräche mit Parteibasis und Bürgern - das ist der Alltag einer Abgeordneten außerhalb der Parlamentsarbeit. Etwa die Hälfte ihrer Tätigkeit mache das aus, sagt die Bundestagsfraktionsvize der Grünen, Bärbel Höhn. Sie ist bereits mitten drin im Wahlkampf, ihr Listenmandat ist gesetzt.

Ein Porträt über die Arbeit von Bärbel Höhn von Catrin Stövesand, Deutschlandfunk, 15.11.2012.

 

"Und da wird einfach die Wärme ans Wasser abgegeben, bei dieser Größe reinigen sich die Kessel automatisch - hm - ja… "

Die gläserne Heizzentrale in Saerbeck. Die kleine Gemeinde im Münsterland hat sich zu einem Vorzeigeort in Sachen Energiewende gemausert. An diesem Mittwoch zeigt sich Saerbeck, und zwar der grünen Bundestagsabgeordneten Bärbel Höhn. Die Kessel der modernen Holzpelletheizung blinken und blitzen. Es ist sehr warm und laut in dem hohen verglasten Raum, aber sauber.

"Mit der Asche ist das so. Die wird vom Umweltamt des Kreises Steinfurt untersucht, ob Schadstoffe drin sind. Dann geht die zum Bauhof und geht als Dünger wieder mit in die Beete. - Ja,hm."

Bärbel Höhn kennt das Prinzip. Sie hat selbst eine Pelletheizung zu Hause in Oberhausen, erzählt sie. Die neue Pelletheizung in Saerbeck, die die Gesamtschule, die Grundschule und bald auch die Kirche und weitere Gebäude mit Wärme versorgt, ist nur ein Teil des Energie-Konzepts. Bis 2030 will sich die Gemeinde ganz allein mit Energie versorgen - und zwar ausschließlich mit Erneuerbaren Energien. Die frühere NRW-Umweltministerin zeigt sich bei ihrem Besuch interessiert, sie fragt nach, diskutiert auf Augenhöhe mit Vertretern der Verwaltung und der grünen Basis.

Mit dem Kleinbus geht es weiter in den nahegelegenen Bioenergiepark. Auf dem Gelände des früheren Munitionsdepots sind ein Solarpark und eine Biogasanlage entstanden. Eine Kompostierungsanlage und Windräder sind im Bau.

"Vertragliche Fertigstellung 30.09. Aber ich hoffe, dass wir im Juli fertig sind, sodass wir die Herbststürme noch mitnehmen können. Auch wegen der Einspeisevergütung - Ja, klar."

Das ist der Alltag einer Abgeordneten außerhalb der Parlamentsarbeit: Besuche und Besichtigungen, Vorträge, Podiumsdiskussionen, Gespräche mit Parteibasis und Bürgern. Etwa die Hälfte ihrer Tätigkeit mache das aus, überschlägt die Mathematikerin. An diesem Tag hat sie noch weitere Termine. Noch im Bioenergiepark steigt sie ins nächste Auto um, das sie in den Nachbarort Greven bringt. Bei Kaffee und Kuchen in einer urigen, dunklen Innenstadtkneipe geht es um die steigenden Stromkosten. Die ansässigen Handwerksbetriebe der Heizungs- und Solarbranchen berichten von ihren Erfahrungen mit der Energiewende. Wer rüstet warum um, und was hat sich verändert, seit die Solarförderung zurückgefahren wurde.

"Es geht weg von den Großanlagen, von den großen Freiflächenanlagen, hin zu den kleinen Gewerbebetrieben und den Haushalten, von uns aus gesehen auch der richtige Ansatz."

Die grüne Bundestagsabgeordnete aus Oberhausen ergänzt, widerspricht, erklärt. Wenn sie das Wort hat, steht sie auf, wendet sich den Gesprächspartnern zu, geht auf Bedenken und Argumente ein. Und immer wieder bringt sie ihr Hauptanliegen vor: dass die Strompreise jetzt so stark steigen, liege daran, dass auch andere Kosten als der Ausbau der Erneuerbaren Energien über die EEG-Umlage finanziert würden, vor allem die zahlreichen Sonderregelungen für energieintensive Unternehmen:

"Mittlerweile sind die Ausnahmen so stark, dass die Hälfte des Stroms der Wirtschaft ausgenommen ist. Also die Ausnahme ist zur Regel geworden. Und das führt dazu, dass die EEG-Umlage für die Verbraucher dramatisch ansteigt."

Sätze wie diesen wird Bärbel Höhn heute noch öfter sagen. Etwas anders formuliert, aber die Botschaft bleibt die gleiche. Dass man das Erneuerbare-Energiengesetz ändern muss, wie das geschehen soll und dass es an den Kommunen ist, die Energiewende umzusetzen. Vor der nächsten Veranstaltung hat sie wenigstens Zeit für eine Suppe. Und für ein kurzes Gespräch. - Die frisch gewählten Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Jürgen Trittin - Bärbel Höhn zeigt sich zufrieden. Jürgen Trittin könne das Thema Energiewende weiter voranbringen, sagt Bärbel Höhn:

"Auf jeden Fall. Also ich arbeite da ja sehr eng mit ihm zusammen, weil er ja von den beiden Fraktionsvorsitzenden diesen Bereich Energie bearbeitet. Und da kniet er sich sehr rein. Das ist er auch sehr hilfreich."

Bärbel Höhn ist bereits mitten drin im Wahlkampf, ihr Listenmandat ist gesetzt:

"Also, ich werde auf jeden Fall in NRW auf Platz eins kandidieren, dann schauen wir mal, aber ich glaube, das könnte klappen."

Ein verschmitztes Lächeln, das zu einem offenen wechselt, als der nächste Gast für die Abendveranstaltung das Lokal im münsterländischen Telgte betritt und freundlich grüßt. Die Suppe hat Bärbel Höhn noch gelöffelt. Das Brot dazu - das schafft sie nicht mehr in der Pause, das isst die Grünen-Politikerin auf dem Weg zum Pressegespräch. Wieder Fragen und Antworten zu den steigenden Strompreisen. Im nächsten Saal hält sie einen Vortrag über das Erneuerbare Energiengesetz - und appelliert ans heimische Bundesland. Bundesweit liegt der Anteil an Regenerativen Energien bei 25 Prozent, in NRW bei weniger als zehn Prozent:

"Aber ich merke in den Landkreisen, dass hier viel mehr Potenzial möglich wäre. Und dass ich in anderen Bundesländern viel mehr sehe. Die Kompetenz von Nordrhein-Westfalen ist Stromproduktion. Und deshalb ist es absolut notwendig, dass der ländliche Raum, und dazu gehört ja das Münsterland, sich auf die Stärken besinnt, in Richtung Erneuerbare Energie was macht, um die Wertschöpfung hier in NRW zu haben und nicht immer nur in andere Regionen abzugeben."

Ein paar Nachfragen beantwortet Bärbel noch, dann geht es zum Bahnhof, der letzte Zug nach Hause wartet nicht.